Der 2./3. Klasse elektrische Personentriebwagen mit Gepäckabteil für den gemischten Zahnrad- und Adhäsionsbetrieb ex MCM BCFeh 4/4 6 (nach heutiger Bezeichnung eigentlich BCDeh 4/4) der Museumsbahn Blonay–Chamby steht am 27 Mai 2023 im Museum Chaulin mit einem Zug zur Abfahrt bereit..
Die BCFeh 4/4 1–3 sind elektrische Personentriebwagen mit Gepäckabteil für den gemischten Zahnrad- und Adhäsionsbetrieb, die 1908 zur Betriebseröffnung der meterspurigen Monthey-Champéry-Morgins-Bahn (MCM) beschafft wurden. Im Jahr 1946 entstand durch Fusion der MCM und der Aigle–Ollon–Monthey-Bahn (AOM) die Aigle-Ollon-Monthey-Champéry-Bahn (AOMC), die wiederum fusionierte 1999 mit der AL, ASD und BVB zur der heutigen Transports Publics du Chablais (TPC).
Die Triebwagen der MCM, späteren AOMC hatten das Zahnstangensystem Strub, 2016 wurden auf der Strecke Aigle–Ollon–Monthey–Champéry die Zahnstangenabschnitte erneuert und das bisherige Zahnstangensystem Strub durch das Zahnstangensystem Abt ersetzt. Fahrleitungsspannung wurde auf 1500 Volt erhöht. Seither besitzen die ab Aigle verkehrenden Strecken der TPC das gleiche Zahnstangensystem und die gleiche Spannung. So können die modernen Stadler Beh 2/6 SURF auf allen drei Strecken verkehren.
Bei dem hier gezeigten MCM BCFeh 4/4 6 (später ABFeh 4/4, ab 1966 ABDeh 4/4) handelt es sich um einen 1909, bereits ein Jahr nach der Betriebseröffnung, erfolgten Gelegenheitskauf eines weitgehend baugleichen Triebwagen, der ursprünglich für die Stresa-Mottarone-Bahn (FSM) in Italien bestimmt war. Die für das Zahnstangensystem Strub ausgelegten Triebwagen wurden von der Schweizerischen Industrie-Gesellschaft in Neuhausen am Rheinfall erbaut, wobei die elektrische Ausrüstung von der Elektrizitätsgesellschaft Alioth in Münchenstein und die Drehgestelle einschl. des Zahnradantriebs von der Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik (SLM) in Winterthur stammen. Der Triebwagen BCFeh 4/4 6 ist als einziger bei der Museumsbahn Blonay–Chamby (BC) in der Westschweiz erhalten geblieben. die Triebwagen 1 bis 3 wurden 1954 außer Betrieb gesetzt und dann abgebrochen.
Die Triebwagen charakterisierten sich bei der Ablieferung durch die beiden Drehgestelle mit Stangenantrieb, einen Mitteleinstieg und Holzrahmenfenster. Ebenso typisch ist für diese Triebwagen, dass die Mittelpufferkupplung mit unten liegender einfacher Schraubenkupplung in einer Verlängerung des Untergestells integriert ist. Ansonsten haben sie die damals übliche Bauweise mit einem Untergestell und einem verblechten Holzaufbau.
In den beiden Drehgestellen sind jeweils ein Motor für den Adhäsions- und einer für den Zahnradantrieb untergebracht. Ersterer treibt eine der beiden Achsen über ein einfach übersetztes Getriebe an, von der aus wird die andere Achse über außerhalb des Drehgestellrahmens liegende Kuppelstangen angetrieben. Der andere Motor treibt das auf der zweiten Achse lose aufgesetzte Zahnrad über eine doppelte Übersetzung an.
Im Adhäsionsbetrieb sind nur die beiden dafür vorgesehenen Motoren in Betrieb. Beim Einsatz im Zahnradbetrieb arbeiten alle vier Motoren, wobei die Adhäsionsmotoren hier der deutlich langsameren Fahrgeschwindigkeit wegen nur in Serienschaltung eingesetzt werden können. Demzufolge stehen den Triebwagen Nummer 1–3 im Adhäsionsbetrieb 2 × 75 PS, insgesamt nur 150 PS zur Verfügung. Im Zahnradbetrieb sind es 2 × 75 PS für die beiden Motoren des Zahnradantriebes und die Hälfte von 2 × 75 PS für die Motoren des Adhäsionsbetrieb, insgesamt 225 PS.
Beim Triebwagen Nummer 6 stehen nach den gleichen rechnerischen Grundsätzen im Adhäsionsbetrieb 2 × 95 PS = 190 PS zur Verfügung, im Zahnstangenbetrieb 285 PS. Alle vier Triebwagen hatten/haben eine Druckluft- und Widerstandsbremse. Zwei unabhängig auf die Zahnräder und die Treibräder des Adhäsionsbetriebs wirkende Handbremsen ergänzten die Bremsausrüstung.
Einsatzgebiete
Die Triebwagen verkehrten fast ausschließlich auf der mit mehreren Zahnstangenabschnitten versehenen Bahnstrecke Monthey–Champéry. Einzig der Triebwagen Nummer 6 wurde nach der umfassenden Erneuerung des Fahrzeugparkes 1954 in der Funktion als Diensttriebwagen auch auf der Bahnstrecke Aigle–Ollon–Monthey eingesetzt. Die Fahrzeuge besaßen während der ganzen Betriebsdauer einen hellgrau/weißen Anstrich. Nur der Triebwagen 6 war spätestens ab 1954 bis 1975 in grün/creme lackiert.
Verbleib
Nach der Ablieferung der neuen Triebwagen für gemischten Adhäsions- und Zahnradbetrieb BDeh 4/4 501 bis 504 wurden die Triebwagen 1 bis 3 1954 außer Betrieb gesetzt und dann abgebrochen. Erhalten geblieben ist der etwas stärkere und ein Jahr jüngere Triebwagen 6. Dies obschon er 1971 auch außer Betrieb gesetzt wurde, wurde dieser 1975 wieder in Betrieb genommen. Nachdem er durch die Museumsbahn Blonay–Chamby wieder in den ursprünglichen Farben lackiert worden ist, wurde er nach einer letzten Fahrt auf seiner ursprünglichen Bahnstrecke im Jahre 1976, als Schenkung übernommen. Anlässlich der 100-Jahres-Feier der Aigle–Ollon–Monthey–Champéry-Bahn im Jahre 2008 kehrte er auf seine Stammstrecke zurück und wurde bei den Transports Publics du Chablais (TPC) in En Châlex zusammen mit dem Personenwagen BC2 10 von 1908 aufgearbeitet.
TECHNSCHE DATEN des BCFeh 4/4 Nr. 6 (1 bis 3 weichen leicht ab):
Baujahr: 1909
Spurweite: 1.000 mm
Achsfolge: Bz’Bz’
Zahnradsystem: Strub
Länge über Puffer : 13.600 mm
Länge Lokkasten: 12.600 mm
Breite: 2.500 mm
Drehzapfenabstand: 7.500 mm
Achsstand im Drehgestell: 1.800 mm
Triebraddurchmesser: 914 mm (neu)
Zahnradteilkreis-Ø: 732 mm
Dienstgewicht: 30,2 t (27,3 t Nr. 1 – 3)
Leistung (Adhäsion): 2 × 95 PS = 190 PS (2 x 70 kW = 140 kW)
Leistung (Zahnradbetrieb): 285 PS (210 kW)
Getriebeübersetzungen: 1:5.62 (Adhäsion) / 1:9.77 (Zahnrad)
Zul. Höchstgeschwindigkeit (Adhäsion): 25 km/h
Zul. Höchstgeschwindigkeit (Zahnradbetrieb): 15 km/h (Talfahrt 10 km/h)
Stromsystem: 850 V DC (Gleichstrom)
Stromabnehmer: 2 Lyra-Stromabnehmer, Betätigung über Schnur
Max. Neigung : 135 ‰
Sitzplätze: 6 (2. Klasse), 24 (3. Klasse) sowie 7 Klappsitze im Gepäckabteil
Gepäckabteilgröße: 4.8 m²
Max. Gepäck Zuladegewicht: 0,7 t
Quellen: BC und Wikipedia
Armin Schwarz 30.08.2023, 74 Aufrufe, 3 Kommentare
EXIF: Canon Canon EOS 6D, Datum 2023:05:27 11:08:13, Belichtungsdauer: 1/250, Blende: 10/1, ISO100, Brennweite: 32/1
Die Lyrastromabnehmer sieht man höchstselten. Kenne ich nur vom Trossinger Triebwagen 'Zeug Christe'. Insgesamt ist das ein topgepflegter Triebwagen und wieder mal eine schöne technische Beschreibung... ;-)
Gruss, Olli
Hallo allerseits,
neben dem ex MCM BCFeh 4/4 6 verkehrt auch noch das "Berner" Tram mit einem Lyrastromabnehmer. Die Lyrastromabnehmer haben den Nachteil dass bei einer Fahrtrichtungsänderung auch der Stromabnehmer gedreht werden musss. Und bei der B-C wird oft die Fahrtrichtung gewechselt.
einen lieben Gruss
Stefan
Ja, richtig konnte ich auch so sehen. Wobei dieser Triebwagen ja zwei hat.
Nach dem hereinfahren hat der Tf den hinteren Lyra-Stromabnehmer wieder gesenkt und den Vorderen wieder angehoben. Dies geht aber hier nicht aus dem Führerstand, sondern der Tf muss aussteigen und in der Fahrzeugmitte rechts bzw. links von der Einstiegstür die Schüre betätigen. Beim Absenken wird der Stromabnehmer einfach mit der Schnur herab gezogen und die Schnur dann festgebunden. Fürs Anheben muss der Konten gelöst werden und man lässt die Schnur langsam durch die Hand gleiten bis der Stromabnehmer am Fahrdraht anliegt. Also eine einfache aber zeitraubende Sache, zumal bei der BC oft die Fahrtrichtung gewechselt wird.
Liebe Grüße
Armin
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