Bei einer der beiden Rollbockgruben (Umspuranlage) der meterspurigen Museumsbahn Alp-Bähnle Amstetten-Oppingen (ex WEG Württembergische Eisenbahn Gesellschaft, Bahnstrecke Amstetten- Oppingen-Laichingen) am 26.10.2021 beim Bahnhof Amstetten. Der normalspurige 2-achsigen Kesselwagen ex VTG 3 80 070 5 724-1 (1941 von Kaminski unter Fabriknummer 318 gebaut) auf zwei ex WEG Rollböcke vom System Langbein. Davor der meterspurige Dieseltriebwagen.
Diese schmalspurigen Transportwagen werden dafür verwendet, normalspurige Güterwagen über die Schmalspurstrecke zu ihrem Empfänger zu bringen, ohne die Güter in entsprechende Schmalspurgüterwagen umladen zu müssen. Für jede Achse eines Normalspurgüterwagens wird ein Rollbock benötigt.
So sieht es aus, wenn Güterwagen auf Rollböcken aufgebockt sind. Zum Aufbocken braucht man eine Rollbockgrube. Auf der einen Seite werden die normalspurigen Fahrzeuge herangefahren. Auf dem etwas tiefer liegenden Gleis werden von der anderen Seite Rollböcke bereitgestellt, die unter jeder Achse des Güterwagens positioniert werden. Dann werden Achsgabeln nach oben geklappt und zum Schluss werden die Fahrzeuge mit Bremsleitungen und Kuppelbäumen oder falls vorhanden einer am Schmalspurfahrzeug angebrachten Normalspurkupplung gekuppelt. Beim Abbocken geht das Ganze umgekehrt. Ein aufwändiges Verfahren - aber einfacher als umladen.
Von der WEG (Württembergische Eisenbahn Gesellschaft) konnten die Rollböcke mit den Nummern 31, 33, 34, 37, 39, 42, 48, 49, 50, 51, 52, 54, 56, 61, 62, 64, 65, 66, 67, 68, 69 als Originalfahrzeuge der Strecke übernommen werden. Sie wurden 1936 (31 bis 50) bzw.1943 (51 bis 56) von der Maschinenfabrik Esslingen für die Württembergische Eisenbahn Gesellschaft gebaut, die die ca. 19 km lange schmalspurige Bahnstrecke Amstetten- Oppingen-Laichingen von 1901 bis 1985 betrieb. Rollböcke Nr. 61 bis 69 wurden erst 1979 von O&K gebaut.
Rollböcke System Langbein:
Um das hohe tote Gewicht von Rollwagen zu vermindern, erfand Paul Langbein, Direktor der Filiale Saronno/Italien der Maschinenfabrik Esslingen, bereits 1881 den Rollbock, bei dem der schwere Rahmen des Rollwagens wegfällt. Seine Erfindung wurde vom Verein Deutscher Eisenbahnverwaltungen preisgekrönt.
Nachdem der Rollbock unter die Achse geschoben ist, werden Gabeln nach oben geklappt. So fixiert kann der Normalspurwagen beim Wegdrücken Richtung Schmalspurgleis mit Hilfe einer schiefen Ebene, alternativ über eine kleine Stufe im Normalspurgleis, auf den Rollbock abgesenkt werden. Die Gabeln des Rollbocks dienen nur zum Mitschleppen des Normalspurwagens während des Auf- und Abbockens in der Grube, nicht (wie oft irrtümlich angenommen) um den Normalspurwagen während des Transports zu fixieren. Auf der Strecke haben die Gabeln allenfalls die Funktion zusätzlicher Sicherung. Die Radsätze ruhen mit den Spurkränzen auf den drehbar gelagerten Querbalken der Rollböcke, die als Mulden ausgeformt sind. Die Räder des Vollspurwagens werden dort mit Spindeln fixiert.
Aus patentrechtlichen Gründen haben andere Hersteller Rollböcke gebaut, bei denen tatsächlich die Achse des Normalspurwagens in den – in diesem Fall weit außen liegenden – Gabeln aufsaß, was allerdings Probleme mit dem Bremsgestänge oder dem Durchmesser der Achsen mit sich brachte.
Die Handhabung der Langbein-Rollböcke war sehr beschwerlich: Die Rollböcke mussten in der Grube unter die Wagen geschoben werden. An den Achsen wurden die Gabeln aufgerichtet. Etwa bei Großviehtransporten war diese Arbeit oft mit erheblichen Belästigungen des Personals durch abströmenden Tierurin verbunden.
Bei Rangierfahrten wurden die Rollböcke häufig mit Kuppelstangen bewegt. Diese besaßen ein Gewicht von über 50 kg und waren daher nur schwer zu handhaben. Versuche, sich die Arbeit zu erleichtern, indem die Kuppelstangen auch ohne angekuppelte Rollböcke an der Lokomotive verblieben und wie eine Lanze vorausgestreckt waren, führten zu gefährlichen Situationen und zu zahlreichen, teils schweren Unfällen.
Rollböcke System Vevey:
Um den beim System Langbein personal- und zeitaufwändigen Verladevorgang zu vereinfachen, entwickelte die schweizerische Bahngesellschaft YSteC 1974 ein neues Prinzip. Hierbei wird die Achse des Normalspurwagens nicht mehr fixiert. Der Wagen steht mit seinen Rädern in speziell geformten Mulden. Derartige Rollböcke als System Vevey von den Ateliers de constructions mécaniques de Vevey (ACMV) in Serie gefertigt, werden bei mehreren Bahnen in der Schweiz und bei der Harzer Schmalspurbahnen GmbH (HSB) in Nordhausen eingesetzt. Der Hauptunterschied zum klassischen Rollbock ist, dass das Aufbocken bei langsamer Fahrt automatisch geschieht. Somit sind zahlreiche Unannehmlichkeiten und Gefährdungspotenziale behoben, weswegen beispielsweise die HSB ihre Rollwagen durch solcherlei Rollböcke ersetzt hat, ähnlich wie zuvor diverse Schweizer Bahnen.
Die mögliche Rationalisierung konnte aber nicht verhindern, dass der Güterverkehr auf zahlreichen Schmalspurbahnen dennoch eingestellt wurde. Rollbockanlagen im kommerziellen Betrieb gibt es nur noch in Nordhausen, Langenthal, Bulle, Morges und Yverdon, die Anlage in Worblaufen dient noch Diensttransporten
Armin Schwarz 09.11.2021, 220 Aufrufe, 0 Kommentare
EXIF: Canon Canon EOS 6D, Belichtungsdauer: 1/200, Blende: 10/1, ISO250, Brennweite: 47/1
124 1200x792 Px, 25.11.2021