Der „Rote Heuler“ 465 006-5 BDyg, ex DR ET 65 06, ex DRG elT 1206, ausgestellt am 09.09.2017 in der SVG Eisenbahn-Erlebniswelt Horb.
Der Elektrotriebwagen wurde 1933 von der Maschinenfabrik Esslingen unter der Fabriknummer 18801 gebaut und als elT 1206 an die Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft geliefert.
Die Elektrotriebwagen der Baureihe ET 65 (ab 1968 Baureihe 465 der DB) waren über Jahrzehnte das Rückgrat des Stuttgarter Vorortverkehrs. Sie bestanden jeweils aus einem Triebwagen (ET 65), einem Steuerwagen (ES 65) und bis 1960 zwei kurzgekuppelten, württembergischen, zweiachsigen Personenwagen. Ab 1960 wurden die beiden Mittelwagen bis zur Ausmusterung durch einen vierachsigen Umbau-Wagen ersetzt. Alle Fahrzeuge waren mit Vielfachsteuerung ausgerüstet. Mehrere Triebwageneinheiten konnten von einem Führerstand bedient werden.
Wegen des lauten „heulenden“ Fahrgeräusches und der weinroten Lackierung wurden die Fahrzeuge auch Rote Heuler genannt.
Aufbau:
Die Fahrzeugkästen und Rahmen und Drehgestelle waren in schwerer Niettechnik ausgeführt worden, die dritte Serie war geschweißt.
Die Einstiege aller Serien waren etwas in den Wagenkasten hinein versetzt worden. Die Triebwagen besaßen am Führerstandsende zusätzlich ein Gepäckabteil, das über eine seitliche Schiebetür verfügte.
In jedem Drehgestell waren zwei in Reihe geschaltete Fahrmotoren (Typ EDTM 494) untergebracht. In einer Kammer im Fahrgastraum waren der Öltransformator mit dem Hauptschalter sowie die Steuermaschine zur Schaltung der Fahrstufen untergebracht.
Auf dem Triebwagen waren zwei Stromabnehmer der Bauart SBS 9, später auch SBS 10 und DBS 54 montiert, von denen der Strom über einen Dachleitung zum Hauptschalter geführt wurde. Beim SBS 9 und 10 wurde mit beiden Bügeln gefahren, bei den DBS 54 nur ein Bügel angelegt.
Da Trieb- und Steuerwagen einen festen Verbund bildeten, war jeweils nur an einem Ende ein Führerstand vorhanden
Geschichte:
Nach der Elektrifizierung der Strecke Stuttgart–München über die Geislinger Steige 1933 stellte die Deutsche Reichsbahn in zwei Serien 21 Triebwagen mit Steuerwagen in Dienst, die als Baureihe elT 12 eingereiht wurden. Zur Kapazitätserweiterung wurden 1933/34 noch 44 ehemalige württembergische Doppelwagen hergerichtet, die paarweise zwischen Trieb- und Steuerwagen gekuppelt wurden. Dazu wurden zweiachsige Stahlwagen der Bauart Bi Wü 29 und Ci Wü 29 mit elektrischer Heizung und Steuerleitung ausgerüstet und als Biel Wü 29 bzw. Ciel Wü 29 bezeichnet. Sie hatten auf beiden Seiten Endeinstiege und einen Mitteleinstieg. Alle Triebwagen erhielten von Beginn an das seit 1932 gültige Farbschema der Deutschen Reichsbahn in weinrot/beige.
Eine dritte Serie mit vier Einheiten folgte 1938. So standen insgesamt 25 Triebwageneinheiten für den Vorortverkehr Esslingen–Stuttgart–Ludwigsburg in Dienst. Diese letzte Serie hatte bereits geschweißte Wagenkästen und Drehgestelle der Bauart Görlitz. Der Verkehr auf der Stammstrecke wurde im Zwanzig-Minuten-Takt abgewickelt, im Berufsverkehr wurden dazu drei Einheiten gekuppelt. Der Anstrich in rot/beige entsprach den damaligen Normen. Die Fahrzeuge wurden von der Maschinenfabrik Esslingen gebaut. Die elektrische Ausrüstung stammt von der Firma BBC. 1940 wurde die Bauart in ET 65 (Triebwagen) bzw. ES 65 (Steuerwagen) und EB 65 (Beiwagen) umbenannt. 1942 erhielten alle ET 65 das neue Farbschema in Rot mit beigen Zierlinien, das nach dem Krieg auch von der Deutschen Bundesbahn übernommen wurde. Die Züge erfüllten von Beginn an die in sie gesetzten Erwartungen.
Von 1961 bis 1963 wurden die Triebwagen im AW Stuttgart-Bad Cannstatt einer weiteren Modernisierung unterzogen. Hauptmerkmal war die neue DB-Einheitsfront, wie sie viele Altbau-Triebwagen erhalten haben, die Frontfenster wurden vergrößert und Doppellampen und ein oberes Spitzenlicht eingebaut. In der zweiten Klasse wurden die Holzbänke durch Polstersitze ersetzt. Die Sitzplatzzahl in jedem Triebwagen wurde dabei von 73 auf 58 verringert. Mit vier neuen Fahrmotoren ausgerüstet, erreichten die Triebwagen eine Höchstgeschwindigkeit von 85 km/h. Die alten württembergischen Wagen wurden durch Umbau-Wagen der Bauart B4yg ersetzt, die als Mittelwagen der Baureihe EM 65 eingestellt wurden.
Ab 1968 wurden die Triebwagen als 465, die Mittel- und Steuerwagen als 865 bezeichnet. Ab 1970 trugen fast alle Triebzüge die für sie so typischen Werbeaufschriften an den Seiten.
Am 30. September 1978 endete der Planeinsatz der alten Triebwagen. Der Vorortverkehr wurde von den S-Bahn-Triebwagen der Baureihe 420 übernommen. 1979 wurden die meisten Triebwagen ausgemustert und verschrottet. Einige der Mittelwagen EM 65 wurden für den Einsatz in normalen Zügen umgebaut.
TECHNISCHE DATEN (ET 65):
Gebaute Anzahl: 25
Hersteller: Maschinenfabrik Esslingen (mechanisch); BBC (elektrisch)
Spurweite: 1.435 mm (Normalspur)
Baujahre: 1933, 1938
Achsformel: Bo’Bo’
Länge über Puffer: 20.300 mm
Leergewicht: 63,0 t
Höchstgeschwindigkeit: 85 km/h (ursprünglich 75 km/h)
Stundenleistung: 804 kW
Stromsystem: 15 kV 16⅔ Hz AC
Anzahl der Fahrmotoren: 4
Sitzplätze: 58
Armin Schwarz 14.03.2021, 234 Aufrufe, 0 Kommentare
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