Der SSB-Zahnradtriebwagen 1003 "Helene" mit Fahrradlore fährt am 27.12.2016 vom Zahnradbahnhof (in Degerloch), über die Kreuzung Jahnstraße/Karl-Pfaff-Straße, wieder hinab zum Marienplatz.
Die meterspurige Zahnradbahn Stuttgart nach dem System Riggenbach wird als Linie 10 "Zacke" von der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) betrieben. Im Volksmund wird die Bahn Zacke genannt, sie gilt als Stuttgarter Wahrzeichen. Die Zahnradbahn Stuttgart wurde am 23. August 1884 eröffnet und verbindet den Stadtteil Heslach (Marienplatz) im Stadtbezirk Süd, also das Stadtzentrum im Tal, mit dem 1908 eingemeindeten Stadtbezirk Degerloch. Auf der Stuttgarter Zahnradbahn fuhren zunächst nur Dampfloks, ab 1902 auch elektrische Triebwagen. 1935 folgte die zweite Generation elektrischer Triebwagen, 1982 die dritte – diese Wagen sind heute noch im Einsatz. Sie wurden ab 2001 generalsaniert und stehen so nun bis 2022 zur Verfügung (bei Stadler wurden 2019 neue bestellt s.u).
Neben der Zugspitzbahn, der Wendelsteinbahn und der Drachenfelsbahn ist sie eine von nur noch vier Zahnradbahnen in Deutschland. Als einzige dient sie dabei nicht vorwiegend touristischen Zwecken, sondern dem regulären öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Die Stuttgarter Zahnradbahn ist deshalb seit Mai 1959 auch in das Liniennummernsystem der SSB integriert, seit der Einführung des Verkehrs- und Tarifverbunds Stuttgart (VVS) im Oktober 1978 als Linie 10. Rechtlich gesehen handelt es sich heute um eine Straßenbahn gemäß der Straßenbahn-Bau- und Betriebsordnung.
Weil die Stuttgarter Zahnradbahn im Straßenraum verläuft, ist die Zahnstange so tief eingebaut, dass sie nicht höher liegt als die normalen Schienen. Allerdings kann die Zahnradbahn dadurch nicht auf andere Bahnstrecken wechseln. Deshalb benötigen die Fahrzeuge der "Zacke" überall ein Zahnradgleis und spezielle Weichen.
Daten der Strecke:
Streckenlänge: 2,2 km
Spurweite: 1.000 mm (Meterspur)
Zahnradsystem: System Riggenbach (Leiterzahnstange)
Zahnstangen: Seit den 1980er Jahren werden die ursprüngliche Leiterzahnstange der Bauart Riggenbach schrittweise durch ein jedoch aus normalen Eisenbahnschienen mit breitem Kopf herausgefräst (Bauart Strub). Es fällt jedoch nach wie vor unter das System „Riggenbach“. Diese Zahnstangenprofile fertigt der Gleisbauhof der SSB selbst an.
Stromsystem: 750 Volt = (ursprünglich 600)
Höhenunterschied: 210 m (Marienplatz / Degerloch)
Maximale Neigung: 17,8 % (Betriebsgleis zum Depot Filderstraße: 20 %)
Die Triebwagen:
Die SSB führten 1982 mit den Zahnrad-Triebwagen des Typs ZT 4, im Design der Stadtbahn-Triebwagen des Typs DT 8, die dritte Generation elektrischer Zahnradbahn-Triebwagen ein. Es wurden drei dieser Triebwagen beschafft (TW 1001 bis 1003). Der Mechanische Teil und der Wagenkasten wurden von der Maschinenfabrik Augsburg – Nürnberg (MAN), die Drehgestelle von der Schweizerische Lokomotiv- und Maschinenfabrik Winterthur (SLM) und die elektrische Ausrüstung von der der Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft (AEG) gebaut. Die Fahrradloren sind von der Waggon-Union in Berlin. 1989 wurden bei den Triebwagen die bisherigen Schwingschiebetüren durch die dem Stadtbahn-Triebwagen DT 8 entsprechende Außenschwingtüren ersetzt.
Der Antrieb der ZT 4 erfolgt durch zwei quer zur Fahrtrichtung liegende Mischstrom-Reihenschlussmotoren über ein Getriebe nur auf das Antriebszahnrad, das sich ohne kraftschlüssige Verbindung an der jeweils talseitigen Achse eines Drehgestells befindet. Die Drehgestelle stammen von der SLM und verfügen über keinen Drehzapfen. Der Wagenkasten stützt sich über zwei Gummi-Metall-Schichtfedern als Querträger ab, die Längskräfte werden von außen liegenden Längslenkern übernommen.
Zur Vereinfachung der Wartung und um Standzeiten zu verkürzen beschaffte die SSB außerdem ein zusätzliches Reservedrehgestell. Jeweils eines der Drehgestelle wird üblicherweise ständig in der Hauptwerkstatt der SSB gewartet und im Wechsel in die drei Wagen eingebaut. Üblicherweise jede Woche wechselt der Fahrzeugeinsatz um einen Wagen weiter.
TECHNISCHE DATEN der Treibwagen:
Achsformel: (1z1)´(1z1)´(Zahnrad auf talseitiger, antriebsloser Laufachse)
Spurweite: 1.000 mm (Meterspur)
Länge über Kupplung: 20.105 mm
Höhe: 3715 mm
Breite: 2650 mm
Leergewicht: 33 t
Höchstgeschwindigkeit: 30 km/h, bei Talfahrt 21 km/h
Dauerleistung: 2 x 263 kW
Stromsystem: 750 V Gleichstrom
Stromübertragung: Oberleitung
Kupplungstyp: Scharfenbergkupplung
Sitzplätze: 56
Stehplätze: 56 (4 P/m²)
Fußbodenhöhe: 1.005 mm
Die Zukunft:
Die SSB setzt auch weiter auf den Erhalt des Stuttgarter Wahrzeichens. Sie hat drei neue Triebwagen und drei neue Fahrradvorstellwagen für die „ZACKE“, bei Stadler in der Schweiz, bestellt. Der erste neue Triebwagen soll im Jahr 2021 geliefert werden, die beiden anderen Fahrzeuge werden sukzessive bis zum Jahr 2022 ausgetauscht.
Die neuen Zahnradbahntriebwagen werden, was ihr äußeres Erscheinungsbild angeht, stark an den im Stadtgebiet häufig zu sehenden Stadtbahnwagen DT 8.12 angelehnt sein. Dass sie im typischen SSB-Gelb gehalten sein werden, versteht sich von selbst.
Im Inneren gibt es jedoch Neues zu entdecken: Diese Zacke-Triebwagen werden in einem rund über acht Meter langen Bereich niederflurig und damit barrierefrei ausgestaltet sein. Dort wird sich neben einigen Sitzplätzen auch die Mehrzweckfläche für Rollstühle und Kinderwagen befinden. Weitere Sitzgelegenheiten wird es im vorderen und im hinteren Wagenbereich geben, drei Treppenstufen sind zu erklimmen, um dorthin zu gelangen. Diese ungewöhnliche Bauweise ist erforderlich, um die Zahnradbahntechnik im Unterboden unterzubringen. Um den barrierefreien Zugang zum Niederflurbereich, der eine Fußbodenoberkante von 40 Zentimeter aufweist, zu ermöglichen, müssen die Bahnsteige an einzelnen Haltestellen teilweise noch etwas angepasst werden.
Die Ersatzbeschaffung ist nötig geworden, da die drei Trieb- und Vorstellwagen der Zacke das Ende ihrer technischen und wirtschaftlichen Lebensdauer erreicht haben. Sie sind bald stattliche 40 Jahre alt. Die Ersatzteilbeschaffung für die ZT4 wurde in den vergangenen Jahren immer schwieriger und langwieriger. Die jetzigen Zahnradbahntriebwagen erfüllen außerdem nicht mehr heutige Anforderungen an Barrierefreiheit und das Behindertengleichstellungsgesetz.
Armin Schwarz 01.01.2017, 468 Aufrufe, 0 Kommentare
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